Wann war das? Kann sich jemand erinnern? Weiß das jemand noch? Wann genau geriet die Ruhe in Verruf?
Viele schaffen es nicht, sich zu langweilen. Oder schlimmer noch: Sie wollen es gar nicht. Zu groß ist die Angst, gesellschaftlich auf dem Gleis der ewigen Langweiler und Spießer abgestellt zu werden. Und so wird immer noch ein Schippchen draufgepackt.
Das fängt heutzutage schon im zarten Kindesalter an. Nach der Schule: Montags zum Sport (vornehmlich die Jungs zum Fußball, die Mädchen zum Ballett – es lebe das Rollenklischee), dienstags zur Musikschule, mittwochs Nachhilfe (das Kind hat ja so wenig Zeit zum Lernen), donnerstags kreatives Mutter-und-Kind-Malen, freitags Therapie usw.
Und die Erwachsenen? Neben Beruf, Haushalt, Kindererziehung (obwohl ich die an dieser Stelle einmal vorsichtig in Frage stelle) muss mindestens zweimal wöchentlich Sport getrieben werden (weil ja so gesund). Hier eine Ausstellung (schließlich ist man ja ein Mensch mit Niveau), da eine Party (der Kontakte wegen), Shoppen im neuen Einkaufszentrum, ein VHS-Kurs sollte auch noch drin sein. Dank der heutigen Technik ist man ja schließlich immer auf dem Laufenden und für alles und jeden allzeit erreichbar.
Selbst im Urlaub. Die meisten Familien können sich glücklich schätzen, wenn sie den Stress der Urlaubsvorbereitungen überstehen und sich nicht bereits vor der „schönsten Zeit des Jahres“ die Köpfe eingeschlagen haben (Beispiele gibt es in meiner Umgebung mehr als genug). Da quält man sich von einem Stau in den anderen oder riskiert Gepäckverlust, Thrombose oder – schlimmer noch – einen suizidgefährdeten Copiloten, um dann (hoffentlich) endgültig urlaubsreif an den Ort der Träume zu gelangen. Man hetzt von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit, folgt scheinbar begeistert den Anweisungen der Animateure (das Risiko erkannt zu werden ist recht gering), nimmt jede Pool-Party mit (nach dem Urlaub muss der Alkoholkonsum unbedingt reduziert werden). Und das Hamsterrad dreht sich immer weiter.
Der Mut zur Langeweile ist irgendwo auf der Strecke geblieben. Und schlimmer noch: Die Fähigkeit, Langeweile, Muße und Ruhe zu genießen, haben heute nur noch wenige.
Schön, dass ich den Mut habe. Wenigstens ab und zu einmal. Denn für mich gibt es keine schönere Freizeitbeschäftigung, als dem süßen Nichtstun zu verfallen, den Wolken nachzuhängen und dem Wind zu lauschen. Aber heute werde ich zuerst einmal noch etwas arbeiten bevor ich mich der Bügelwäsche widme, damit ich das morgen, wenn ich wieder arbeiten muss, erledigt habe …