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Tage des Schweigens

Es gibt Tage, an denen ich absolut nichts zu sagen habe. Ich will schreiben, doch der Kopf ist leer. Nichts. Absolut nichts. Seitdem ich versuche, mich auf dieses Schweigen in mir einzulassen, gelingt es mir immer besser, in mich hinein zu lauschen. Was ich höre? Nun, nichts. Vielleicht ein Brummen im Ohr. Oder Bauchgrummeln. Ein leises Pfeifen in der Nase beim Einatmen. Ein kleines körpereigenes Konzert.
Verhält es sich nicht ähnlich mit Wörtern, Sätzen und Texten? Haben Texte nicht auch eine Melodie? Sicher haben sie das. Sie können leise, laut, rasant oder gemächlich sein. Je nachdem, welche Töne erzeugt werden, welche Buchstaben in welcher Häufigkeit in den Texten vorkommen.
Und so sind die Tage des Schweigens voller Musik!

Stille

Zu einer Einsiedlerin kamen eines Tages Wanderer. Die fragten sie: „Welchen Sinn siehst du in einem Leben der Stille?“
Sie war gerade mit dem Schöpfen von Wasser aus einer tiefen Zisterne beschäftigt.
„Schaut in die Zisterne, was seht ihr?“, fragte sie.
Die Besucher: „Wir sehen nichts.“
Nach einer Weile forderte die Einsiedlerin sie wieder auf: „Schaut in die Zisterne, was seht ihr?“
Sie blickten hinunter und sagten: „Jetzt sehen wir uns selbst.“
Die Einsiedlerin sprach: „Als ich vorhin Wasser schöpfte, war das Wasser unruhig, und ihr konntet nichts sehen. Jetzt ist das Wasser ruhig, und ihr erkennt euch selbst. Das ist die Erfahrung der Stille.“

(Quelle: Typisch! Kleine Geschichten für andere Zeiten)

Die Stille, die vermisse ich im Moment sehr. Ein Termin jagt den nächsten. Daher wird es in der nächsten Zeit ein wenig ruhiger hier werden. Ich muss einfach Prioritäten setzen. Auch meine täglichen Besuche bei euch muss ich (leider) etwas einschränken. Aber sobald alles erledigt ist, bin ich wieder da.

Morgenritual

Morgens um sechs sitze ich mit meiner ersten Tasse Kaffee auf dem  Balkon und genieße die Ruhe. Es ist noch dämmrig, die Tage werden kürzer. Mich fröstelt ein wenig und ich ziehe die Strickjacke etwas enger um mich. Hier und da stimmen Vögel ihren Gesang an, streunende Katzen klettern über die Dächer. Der Himmel zeigt sich in seinen schönsten Farben, ein leichter Wind lässt die Blätter rascheln.
Ich schließe für einen Moment die Augen und atme tief ein, nehme Sauerstoff auf und lasse dann die Luft langsam durch die Lippen in den noch kühlen Morgen strömen. Ruhe. Die Zeit scheint für einen Augenblick still zu stehen, alles wirkt gelassen, zeitverzögert, entschleunigt.
Ich trinke meinen Kaffee, beobachte noch ein wenig die Streuner aus der Nachbarschaft. Ein tiefer Seufzer entweicht meinem Inneren. Die Kaffeetasse ist leer und es wird Zeit, mich dem Tag zu stellen.